Montag, 24. Mai 2010

Die Uni soll bleiben, wo sie ist

Der AS spricht sich einstimmig für den Standort Eimsbüttel aus – Gundelach für Teil-Umzug

Schlechte Lehrbedingungen, undemokratische Zustände und chronische Unterfinanzierung – viele hochschulpolitische Themen werden vom Hamburger Senat gerne mal vernachlässigt. Im vergangenen Jahr waren radikale Protestaktionen nötig, um auf offensichtliche Missstände im Hochschulsystem hinzuweisen – und selbst da fiel die Reaktion sehr träge aus. Ein Thema ist in der Wissenschaftsbehörde aber gerade sehr en vogue: Die bauliche Zukunft der Uni.

Das ist auch ganz richtig so, zumal nicht wenige Hochschulgebäude seit Jahren dringend sanierungsbedürftig sind und daher endlich eine Lösung gefunden werden sollte, um den Verfall abzuwenden. Kaum wird die Uni zum Thema stadtpolitischer Entwicklung, scheinen der Phantasie keine Grenzen mehr gesetzt – wie etwa die der Vorschlag, den kompletten Uni-Betrieb in den Hafen zu verlegen, beweist. Eine illusorische Idee, die verständlicherweise auf regen Protest gestoßen ist.

Die Debatte nimmt kein Ende: Zu lange schon schiebt die Wissenschaftsbehörde das Thema mit einer lähmenden Verzögerungstaktik vor sich her – ein realisierbares Konzept lässt noch auf sich warten. Also, wie soll's weitergehen mit der Uni? Bleibt sie in Eimsbüttel, wird sie teilweise „ausgelagert“ und was bedeutet das eigentlich konkret?

Um eben diese Fragen zu beantworten besuchte Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU) am vergangenen Donnerstag den Akademischen Senat, um über die baulichen Entwicklungsmöglichkeiten zu diskutieren. Ein Signal der Dialogbereitschaft – sollte man meinen.

Vorab waren sich die AS-Mitglieder einig, die Senatorin mit einer klaren Position zu konfrontieren und sich dabei keineswegs einfach abspeisen zu lassen. Der jetzige Standort soll bleiben – da waren sich alle einig. Doch nach der Sitzung war vor allem eines klar: Die Zukunft der Uni ist immer noch ungewiss. Obwohl Dr. Torsten Sevecke, Leiter des Bezirksamts Eimsbüttel, in einer anschaulichen und detaillierten Präsentation die Vorzüge des jetzigen Standortes aufzeigte, gab Gundelach sich davon gänzlich unbeeindruckt. Ihr lakonischer Kommentar: „Wir diskutieren hier nur konstruktive Vorschläge.“ Auf den Hinweis, dass ihr soeben doch ein durchaus konstruktiver Vorschlag unterbreitet wurde, folgte dann der vielsagende Zusatz: „Vorschläge, die der Senat gemacht hat.“

...Achso. Da stellt sich die Frage nach der grundsätzlichen Kooperationsbereitschaft der Wissenschaftsbehörde bei den Verhandlungen bzgl. der Uni-Bauvorhaben. Auf konkrete Nachfragen, welches Konzept denn nun favorisiert werde, reagierte die Senatorin auf ihre ganz eigene Art: Gar nicht. Es bestehe ein dringender Sanierungsbedarf, so viel sei klar - stimmt. Die Stadt dürfe in keinem Fall an der Wissenschaft sparen -stimmt auch. Auch von der „integrierten Stadtteil-Uni“ war wieder einmal die Rede, so müsse die Sanierung der Hochschulgebäude mit einem Entwicklungskonzept für das umliegende städtische Umfeld verbunden werden. Doch warum genau dieses Umfeld am Kleinen Grasbrook in der Hafencity liegen soll, konnte Gundelach nicht überzeugend vermitteln. Zumal Dr. Sevecke belegen konnte, dass der geschätzte Flächen-Mehrbedarf in Eimsbüttel sehr wohl vorhanden sei – eine Perspektive mit Zukunft: 100 weitere Jahre für die Uni seien dort garantiert. Durch die Integration weiterer Gebäude, etwa der Alten Post, könnten bei Bedarf darüber hinaus weitere Flächen geschaffen werden. Gundelach klammerte sich dennoch an die Idee eines ausgelagerten Standortes. Pendeln sei in „höchstens 10 Minuten“ möglich. Nun, wer sich des öfteren mal in dieser Stadt hin- und herbewegt, sollte bei so einer optimistischen Zeitberechnung schon stutzig werden. Denn so lang dauert fast schon der Weg vom Campus bis zur nächsten S-Bahn-Station.

Auf jeden fall veraunschlicht die AS-Sitzung sehr schön die Gesprächskultur der Wissenschaftsbehörde: Die Vertreter der akademischen Selbstverwaltung werden in keinster Weise in die Planung einbezogen, das erarbeitete Konzept des betroffenen Bezirks Eimsbüttel wird lediglich wohlwollend zur Kenntnis genommen. Zahlreiche kritische Stimmen, selbst Ergebnisse von Unterschriftenaktionen, die eindeutig für den Verbleib der Uni sprechen, werden konsequent ignoriert. Intransparente Verhandlungen und ein offensichtliches Desinteresse am Willen der Bevölkerung – dieses Vorgehen passt ins Bild der gegenwärtigen Hamburger Stadtpolitik.

Nun, noch ist nichts entschieden. Wir begrüßen die Entscheidung des Akademischen Senats, der sich ganz klar für den Standtort Eimsbüttel ausgesprochen hat und sich damit den Plänen der Landesregierung entschieden entgegengestellt.

Eine Lösung soll eigentlich noch im Frühjahr 2010 getroffen werden – es bleibt abzuwarten, ob die Senatorin den Willen der Universitätsmitglieder bei ihrer Entscheidung berücksichtigt.

Wir hoffen, wie so viele andere auch, auf einen Verbleib der Uni in Eimsbüttel.

Dieser Stadtteil ist mit der Uni verwachsen, profitiert vom universitären Treiben und schafft durch sein kulturelles Umfeld ein angenehmes Ambiente für Studierende. Darüber hinaus hängt das Schicksal vieler Einzelhändler von der politischen Entscheidung über eine etwaige Standortverlagerung ab.

Die Universität darf nicht zum Spielball ambitionierter Stadtentwickler werden. Ein weiteres milliardenschweres Leuchtturm-Projekt, dessen finanzielle Umsetzung noch völlig unausgegoren ist? Den Uni-Betrieb auseinanderreißen, nur um endlich den „Sprung über die Elbe“ zu schaffen und damit den Süden Hamburgs besser zu integrieren? Nein danke. Wir wollen studieren (na, jetzt hätte ich fast „wir wollen lernen“ geschrieben...) und sollten nicht instrumentalisiert werden, um einem neuen Stadtteil ein schickes Image zu verpassen und damit irgendwelche städebaulichen Visionen zu realisieren.

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